Kurzgeschichten



Wie ein gehauchter Kuss ins Herz



Wie ein gehauchter Kuss ins Herz

 

I. Pro logia

Er sah sie an und sie gab seinen Blick zurück.

Unendlich Traurigkeit in ihren Augen. Und trotzdem, immer noch voll Hoffnung und voller ungestellter Fragen.

Als die Tränen erneut die Oberhand gewannen, drehte sie langsam, ganz langsam ihren Kopf zur Seite damit er all ihr Leid, all ihren Schmerz nicht ebenso ertragen musste.

Und doch wusste er schon längst Bescheid.

II. however

Einsam jedoch im tiefen Zeilenmeer der Unendlichkeit, wieder einmal so sehr verstrickt.

Verfangen im dürren Geäst der laubenden Bäume, deren knorrige Zweige durch ihr Fenster, sich gleich Stacheldraht in sie hineingruben. Schwer und sanft zugleich, als der Blues sich wieder einmal auf sie legte und sie trotzdem so zärtlich einhüllte.

Wie einst in seinem Pulli, der ihr um soviel zu groß war und worin sie noch immer seinen Geruch wahrzunehmen vermochte.
Das Zifferblatt der alten Pendel grinste sie mit ihrem römischen Ticken dabei so hämisch an.

Als der neue Tag so schleichend schnell näher und näher rückte, von dem sie ohnehin wusste, dass auch er wieder Enttäuschung wäre, stieg langsam erneut die Kälte in ihr auf.

III. lonesome

Da war sie wieder, die Einsamkeit, die sie so sehr umgab und mit der es galt, jeden Tag aufs neue den Tanz aufzunehmen.

Es war der stete Anblick dieser Leere, genauso wie der, der ersten hauchzarten Eisschicht auf dem Weiher unterhalb. Wie Spinnennetzgestirne, die ganz zauberhafte Muster auf die Oberfläche aufgemalt hatten, um den Enten dabei aufgeregtes Geschnatter zu entlocken.

Es war neuerlich so wie das Eis, das sich um sie gelegt hatte, seit der Zeit, der Zeit seit der sie ihn nicht mehr berühren durfte.

Es war wieder, als liefe alles fast wie bisher.


Es war der stete Tagesablauf, ihre tägliche Regelmäßigkeit, gewohnheitsmäßig, routiniert, jedoch auch zwangsläufig und trotzdem, verdammt nochmal beinahe wie in Trance.

Es war genau genommen eigentlich fast wie immer - nur halt ohne ihn, trotz all der vielen, vielen Jahre.

© Uschi Rischanek
Text/Bild/Rezitatiion
Background: Lite Saturation

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AUTOR:

Denkende Dichterin und dichtende Denkerin, leidenschaftliche Gärtnerin und Fotografin, der Lyrik verbunden, der Prosa verfallen. Eigene Texte, jedoch auch Texte lieber Poetenfreunde einzusprechen, sowie auf meinem YouTube Kanal auch Klassiker wie Hermann Hesse, Rainer Mara Rilke, Erich Fried, Eva Strittmatter, Mascha Kaléko um nur einige zu nennen... mehr als zum Hobby mittlerweile geworden.
An geistreichem Austausch stets interessiert freue ich mich auch hier wieder präsent zu sein!

Als Audiostream:




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4 KOMMENTARE



14. September 2025 @ 13:15

... Mystik heißt griechisch " die Augen schließen " - lernte ich mal und der Lehrer ergänzte : nicht wegschauen sondern tiefer schaun. Dies kam mir lesend in den Sinn. Gefällt mir der Aufbau.
G.


14. September 2025 @ 17:37

... in die Tiefe zu gehen um Empfindungen einzufangen, zu reflektieren und festzuhalten, aufzuschreiben... Dies war mein Gedanke bei dieser Lebensgeschichte einer sehr ungewöhnlichen Frau. Wie das Leben manchesmal seinen Lauf nimmt, liegt nicht alleiniglich in unserer Hand und ab und an mäandert es in verwinkelten Kurven so vor sich hin. Vielleicht ist es auch den Gedanken geschuldet, dass man um zum ersehnten Ziel zu gelangen, oftmals den beschwerlicheren und steinigsteilen Umweg zu nehmen hat.

Die Wenigsten werden mit dem goldenen Löffel im Mund geboren und haben für ihr Tun selbst die Kraft und die Verantwortung aufzubringen, ob es von anderen goutiert wird ist dabei völlig nebensächlich - es muss für einen selbst so in Ordnung gehen, so wie man es für richtig hält.

Ob sich die Form von Erzählung mit dazwischengestreuten Gedichten gut ausmachen wird kann ich noch nicht so genau sagen, es ist so eine Idee mit der ich schon länger liebäugle, mal schauen was aus ihr wohl werden mag.

Dankeschön auch dir liebe Grete fürs Hiersein und Reflektieren.
Liebe Grüße, Uschi


14. September 2025 @ 09:49

Schwermut, die man in der Einsamkeit spürt,hast du eindringlich verwortet, liebe Uschi.
Sehr gut gefällt mir der letzte Satz.

Hier regnet es noch und irgendwie passend zu deinen Zeilen.
Liebe Grüße
Ingrid


14. September 2025 @ 17:31

Ja liebe Ingrid nenne es Schwermut, Melancholie oder einfach das Nachsinnen über Vergangenes. Oft wird man sich einiger Dinge oder Begegnungen erst im Nachhinein so richtig bewusst und wertschätzt sie umso mehr, wo man noch zuvor möglicherweise es als gegeben und selbstverständlich hingenommen hatte.

Hier habe ich nicht explizit darauf verwiesen, dass es eigentlich aus meinem Buchprojekt stammt. Mir schwebt eine Erzählung, eine Art Lebenslauf einer weisen Frau vor, die auf ihr Leben und die Ereignisse darin wehmutsvoll Rückblick hält. Doch ginge dieser Text noch weiter und habe ich angedacht, zwischen den einzelnen Erinnerungen auch Reflektionen in Reimform einzustreuen, nur so eine Idee von mir, keine Ahnung wie dies beim werten Leser ankommen mag... ich arbeite noch daran.

Dir jedenfalls ein herzliches Dankeschön für dein Reflketieren, erfahrungsgemäß sind längere Texte oftmals unbeachtet da vielen Menschen einfach die Zeit dazu fehlen mag.

Liebe Grüße aus dem durchwachsenen Mostviertel wo ich pflanzenausgrabend das erste meiner fünf und bereits verkauften Hochbeete heute leergemacht habe.
Uschi



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